Diese Erfahrung und meine Absicht, es meinem Mann (kein Mediziner) gleichzutun, der schon seit Jahren in einem Hausarztmodell versichert ist, führten schliesslich dazu, dass ich mir vor ein paar Jahren vornahm, ebenfalls einen Hausarzt oder eine Hausärztin für mich zu suchen. Dies stellte sich allerdings als gar nicht so einfaches Unterfangen heraus. Wie wähle ich einen Hausarzt, eine Hautärztin für mich selbst? Wie finde ich eine Person, die ich genügend gut kenne, um einschätzen zu können, ob ich ihr vertrauen kann, die ich aber trotzdem nicht so gut kenne, dass die Nähe zu gross wird. Jemanden, der mich fast notgedrungen von meiner beruflichen und professionellen Seite her kennt, wo ich dann aber auch eine andere sein kann – schwach und hilfsbedürftig oder überfordert mit banalen Entscheidungen vielleicht. Und mich dann trotzdem nicht zu schämen brauchen. Oder zu eigenwillig vielleicht, wenn ich gewisse Segnungen der modernen Medizin gar nicht in Anspruch nehmen will. Nun, ich habe unterdessen jemanden ausgewählt. Und glücklicherweise noch nicht sehr häufig gebraucht. Und trotzdem war ich in den paar wenigen Momenten froh um diese Aussensicht, auch wenn es sich bis jetzt lediglich um medizinische Bagatellen gehandelt hat. Bisweilen frage ich mich, ob sich der Kollege ähnliche Gedanken macht, wenn er meinen Namen in seiner Agenda auftauchen sieht, wie ich, wenn ich denjenigen von Frau M. entdecke. Doch zumeist bin ich einfach dankbar, dass er mich in diesen Momenten primär als Patientin behandelt, obwohl er mich auch als Kollegin kennt. Und halte es für völlig korrekt, wenn er mir eine Rechnung stellt, wie er sie jeder anderen Patientin auch stellen würde. So bin ich zuversichtlich, dass ich mich auch auf ihn verlassen kann, wenn mich das Schicksal mit ernsthafteren gesundheitlichen Herausforderungen konfrontieren sollte. Nur – aufgrund seines Alters wird er im Laufe der nächsten Jahre wohl irgendwann mal in Pension gehen, und ich muss mich erneut mit der leidigen Wahl einer Hausärztin oder eines Hausarztes für mich selbst auseinandersetzen. Hätte ich nicht vielleicht besser a priori eine jüngere Kollegin oder einen jüngeren Kollegen wählen sollen?