Kommentar
Differentialdiagnostisch kamen initial jegliche Ursachen von Vigilanzstörungen in Betracht. Vermutet werden konnten rezidivierende Synkopen (unter anderem neurogene Synkopen, vaskulär oder kardiogen bedingte Synkopen, psychogene Synkopen), metabolische Störungen wie eine Hypoglykämie bei einem bisher nicht diagnostizierten Diabetes mellitus, Intoxikationen, Infektionen, zerebrale Ursachen wie eine cerebrovaskuläre Ischämie, eine Transiente Ischämische Attacke oder eine Epilepsie, ein stattgehabtes Trauma mit Traumafolgen oder eine Hypothermie.
Unterschiedliche besondere Merkmale der möglichen Differentialdiagnosen, die bei Anamnese, erhobenem körperlichen Status und nachfolgender Diagnostik auffallen, können Entscheidungshilfen liefern.
Synkopen jeglicher Differenzierung gehen meist mit Prodromi wie Übelkeit, Schwindel, Wärmegefühl oder Einschränkungen im Seh- oder Hörvermögen einher, die Dauer des Zustandes beträgt weniger als eine Minute, die Patienten sind anschliessend meist sofort reorientiert.
Dissoziative/psychogene Störungen dauern meist mehrere Minuten an, ein Hinweis können (willkürlich) zugekniffene Augen des Patienten sein.
Metabolische Störungen äussern sich als Auffälligkeiten in Urin- und Blutanalyse (inklusive Blutgasanalyse). Bekannte Vorerkrankungen und die bestehende Medikation geben Hilfestellung.
Bewusstseinsänderungen durch Intoxikationen äussern sich vorwiegend durch einen prolongierten Verlauf. Hinweise darauf ergeben sich durch die Vorgeschichte des Patienten, die Sichtung der bestehenden Medikation sowie die Erhebung des körperlichen Status. Bei Letzterem sollte insbesondere auf Einstichstellen, Foetor und Pupillenweite geachtet werden. Urin- und Blutanalyse liefern weitere Anhaltspunkte.
Bei der Suche nach einem potenziellen Infektfokus helfen die Erhebung von Anamnese und körperlichem Status (inkl. der Vitalparameter) sowie Laboruntersuchungen, ggf. auch eine Liquoranalyse.
Bei den neurologischen Differentialdiagnosen zeigen sich Auffälligkeiten in der klinischen Untersuchung. Insbesondere epileptische Anfälle können mit Auftreten bestimmter stereotyper Auren beginnen, mit motorischen Entäusserungen einhergehen und als besondere Merkmale eine postiktale Eintrübung und/oder Amnesie sowie eine im Vergleich zur Synkope jeglicher Art längere Phase der Reorientierung aufweisen. In der körperlichen Untersuchung liefern ein stattgehabter Zungenbiss sowie ein Einnässen/Einkoten Hinweise darauf – gerade Letzteres kann jedoch auch im Zusammenhang mit einer prolongierten Synkope auftreten. Die zerebrale Bildgebung und die Diagnostik mittels EEG kann die Verdachtsdiagnose unterstützen.
Ob ein stattgehabtes Trauma infrage kommt, kann durch Eigen- und Fremdanamnese geklärt werden. Wichtig sind eventuelle Begleitverletzungen und die Auffindesituation des Patienten.
Eine Hypothermie als Ursache der Symptome kann durch Messen der Körpertemperatur sowie das Wissen um die Auffindesituation und die Vorgeschichte des Patienten ausgeschlossen werden. [1–3]