Intensive Diskussionen statt klösterliche Stille
Delegiertenversammlung von mfe – Haus- und Kinderärzte Schweiz, 17. / 18. Mai 2017 in Ittingen

Intensive Diskussionen statt klösterliche Stille

Offizielle Mitteilungen
Ausgabe
2018/12
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2018.01789
Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2018;18(12):209-211

Affiliations
Kommunikationsbeauftragte mfe

Publiziert am 27.06.2018

«Welchen Gewinn und göttlichen Genuss die Einsamkeit und das Schweigen der Einöde denen bereiten, die sie lieben, wissen nur jene, die es erfahren haben», schrieb Guigo von Chastel fast 70 Jahre nach der Gründung des Kartäuser-Ordens um 1130. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der diesjährigen Delegiertenversammlung von mfe in der Kartause Ittingen blieb dieser Genuss versagt. 45 Delegierte, der Vorstand und die Geschäftsstelle tauschten sich am 17. und 18. Mai in der klösterlichen Umgebung rege aus.

Der Tarif dominierte das mfe-Jahr 2017

Philippe ­Luchsinger zog im statuarischen Teil der Delegiertenversammlung (DV) eine ausführliche Bilanz über das Jahr 2017. Der Jahresbericht liegt bereits zum zweiten Mal in gedruckter Form vor und kann ­online herunteruntergeladen werden (www.hausaerzteschweiz.ch/information/jahresberichte/). Einen Schwerpunkt der Vorstandsarbeit 2017 bildeten erneut die Tarifverhandlungen. mfe konnte sich in diesem ­Bereich erfolgreich für die Anliegen der Haus- und ­Kinderärzte einsetzen und wichtige, langjährige ­Forderungen durchsetzen. Im zentralen Punkt der ­Limitationen konnte sich mfe allerdings nicht im ­gewünschten Ausmass behaupten. Der mfe-Vorstand rief an der Delegiertenversammlung deshalb nochmals alle Delegierten und mfe-Mitglieder dringend dazu auf, Probleme und Schwierigkeiten beim neuen Tarif zu melden (tarif[at]hausaerzteschweiz.ch). Um die weiteren Verhandlungen im Sinne der Haus- und Kinderärzte fortführen zu können, benötigt die Tarifkommission zwingend diese Informationen der Mitgliederbasis.
François Héritier erinnerte daran, dass die bisherige gesundheitspolitische Kommission zugunsten von jährlich zwei bis drei Roundtables mit externen Referenten/Experten aufgelöst wurde. Diese Roundtables zu aktuellen gesundheitspolitischen Themen haben zum Ziel, dass sich die Delegierten und Mitglieder noch aktiver und direkter am standespolitischen Prozess beteiligen und ihre Bedürfnisse und Wünsche artikulieren können. Die in den Diskussionen und im Austausch mit den Gästen geäusserten Meinungen und Positionen der Basis werden mfe dabei unterstützen, politische Stellungnahmen und Positionspapiere zu formulieren. Damit dies gelingt, braucht es eine ­aktive Beteiligung der Mitglieder!
Rege und intensive Diskussionen und Workshops an der Delegiertenversammlung von mfe.

Marc Jungi folgt auf Marc Müller

Marc Müller kündigte seinen Rücktritt in Etappen ­bereits vor zwei Jahren an, als er das Präsidium an ­Philippe Luchsinger übergab. Ein Nachfolger im Vorstand wurde gesucht und in der Person von Marc Jungi gefunden. Marc Jungi verfügt über viel standespolitische Erfahrung und hat sich bereits für mfe in der Qualitätskommission engagiert. Jungi hat Einsitz in der Geschäftsleitung von Sanacare und ist als Co-Leitender Arzt und Hausarzt bei Sanacare Bern tätig. Erstmals ist somit ein Vertreter einer schweizweiten Gruppenpraxisorganisation Vorstandsmitglied von mfe. «Das ist ein wichtiger und richtiger Schritt. Immer mehr Haus- und Kinderärzte sind in Gruppenpraxen engagiert und deshalb ist es wichtig, dass auch die Stimme der angestellten Haus- und Kinderärzte im Vorstand von mfe vertreten ist. Es freut mich sehr, mit Marc Jungi ein engagiertes und qualifiziertes neues Vorstandsmitglied begrüssen zu dürfen», hält Philippe Luchsinger fest. Die Delegierten wählten Marc Jungi in den Vorstand von mfe. Ein ausführliches Porträt folgt in einer der nächsten PHC-Ausgaben.
Das neue Vorstandsmitglied Marc Jungi.
mfe wurde im April neu als mitspracheberechtigte ­Organisation in die Ärztekammer der FMH aufgenommen und hat deshalb Anspruch auf einen Sitz. Die Delegierten wählten die Vizepräsidentin Heidi Zinggeler Fuhrer als ihre Vertreterin in die Ärztekammer.

Anträge mit Diskussionspotenzial

Die Delegiertenversammlung lehnte den Antrag ab, die praktischen Ärzte neu als Mitglieder von mfe aufzunehmen. Zu lange wurde für die Anerkennung des Facharzttitels AIM gekämpft, und die Aufnahme von praktischen Ärzten würde ein falsches Signal geben. Gleichzeitig entschied die Delegiertenversammlung nach intensiven Diskussionen, die Arbeitsgruppe «Geldwerte Dienstleistungen» aufzulösen und keine weiteren Verhandlungen mehr zu führen. Weiter wurde der Vorstand ermächtigt, mit der FMH über eine mögliche Integration des Instituts für Praxisinformatik IPI in die FMH zu verhandeln bzw. entsprechende Optionen zu prüfen.
Der Vorstand hat in längeren Verhandlungen mit diversen involvierten Partnern die zwei Chartas «Darmkrebs» und «pharmasuisse» erarbeitet. Beide Chartas sind wichtige Grundpfeiler für die zukünftige Zusammenarbeit mit diesen Partnern. Die Delegierten nahmen die Charta «Darmkrebs» an und verschoben den Entscheid zur Charta «pharmasuisse» auf die nächste Delegiertenversammlung.

Das Herzstück der DV: Inputreferate und gemeinsame Workshops

Wichtigstes Ziel der zweitägigen Delegiertenversammlung war auch in diesem Jahr, die Zukunft von mfe und der medizinischen Grundversorgung zu überdenken und wichtige Weichen für die weitere politische Arbeit zu stellen. In intensiven Stunden wurden aktuelle ­Themen hinterfragt, diskutiert und weiterentwickelt. Zwei Inputreferate von Yvonne Gilli, Mitglied Zentralvorstand FMH, und Heinz Bhend, fachlicher Leiter IPI, zum Thema eKG/EPD (elektronisches Patientendossier) zeigten einmal mehr, wie wichtig die aktive ­Teilnahme der Haus- und Kinderärzte am aktuellen Entwicklungsprozess ist. Auch in den ergänzenden Workshops wurde klar, dass die elektronische Patientendokumentation für die Haus- und Kinderärzte zwingend einen Mehrwert generieren muss und der Aufwand der Datenerfassung finanziell abgegolten werden soll. mfe wird sich dafür einsetzen.
Als lokaler Gast bestätigte Olivier Kappeler, Kantonsarzt Thurgau, dass sich auf Gemeindeebene viel verändert hat und die Gemeinden die Relevanz einer hausärztlichen Grundversorgung erkannt haben und entsprechende Massnahmen ergreifen. Sowohl auf ­Gemeinde- als auch auf Kantonsebene greifen diese koordinierten Massnahmen (Willkommenskultur, ­Unterstützung bei Praxiseröffnungen, Praxisassistenzprogramme, neue Praxismodelle etc.) und führen zu einer allmählichen Entschärfung der Situation. Trotzdem gibt es noch viel zu tun.

Hausarzt – ein Traumjob

Regula Kronenberg, Mitglied im JHaS Think Tank Politik, stellte die Zukunftsvisionen 2030 der Jungen Hausärztinnen und -ärzte Schweiz JHaS vor. Der von mfe, SGAIM, SGP und JHaS gemeinsam initiierte Imagewandel führt zu einer höheren Attraktivität der Hausarztmedizin. Junge Medizinstudenten realisieren, dass der Beruf des Haus- und Kinderarztes der spannendste, herausforderndste und vielseitigste ist. Trotzdem müssen noch weitere Rahmenbedingungen verbessert werden, um die Zukunft der medizinischen Grundversorgung sicherzustellen. Unter anderem fordern die JHaS eine faire Vergütung, eine Eindämmung der «Zertifizitis» und einen weiteren Ausbau ­attraktiver Arbeitsmodelle.
Der Vorstand und die Geschäftsstelle von mfe gingen mit einem grossen Fundus an Wünschen, Forderungen, Ideen, Informationen und kreativen Inputs nach Hause. Der persönliche Austausch war einmal mehr inspirierend und herausfordernd. Die Eckpfeiler für eine erfolgreiche Weiterführung der politischen Arbeit von mfe wurden gelegt und der Vorstand freut sich darauf, sich in den kommenden Monaten mit ganzer Kraft für die Anliegen der Mitglieder einzusetzen.
Regula Kronenberg stellte die Zukunftsvisionen 2030 der JHaS vor.
Trotz des intensiven Programms der Delegiertenversammlung blieb den Delegierten auch Zeit, die wunderschöne Aussicht und das einmalige Ambiente zu geniessen. Ein Postenlauf rund um die Kartause oder eine spannende Führung im Museum Thurgau ermöglichten interessante Einblicke in die Geschichte des ehemaligen Kartäuserklosters und ins – von Einsamkeit und Schweigen geprägte – Leben der Mönche.
Die Delegierten von mfe genossen auch das grossartige Ambiente der Kartause Ittingen.
Sandra Hügli-Jost
Kommunikationsbeauftragte mfe Haus- und ­Kinderärzte Schweiz
Geschäftsstelle
Effingerstrasse 2
CH-3011 Bern
sandra.huegli[at]hausaerzteschweiz.ch