Wir sind alle Umweltschützer
«Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.»

Wir sind alle Umweltschützer

Editorial
Ausgabe
2017/09
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2017.01564
Prim Hosp Care (de). 2017;17(09):169

Publiziert am 10.05.2017

«Der schlechte Arzt behandelt die Krankheit, der gute Arzt behandelt den Kranken, der grosse Arzt behandelt die Gesellschaft.»Konfuzius

Wirklich?

Fühlen wir uns als Menschen dem Ethikgrundsatz «Earth Care, People Care, Fair Share» verbunden? – Auf Erde und Menschen achten, fair teilen, diese grundlegenden Werte für eine nachhaltige Entwicklung.
Sind wir verantwortungsvolle und engagierte Bürger, denen bewusst ist, dass unsere Taten – auch im Kleinsten – in einer endlichen Welt mit erschöpflichen Ressourcen weitreichende Auswirkungen haben? Können wir in Wahlkampfzeiten, in denen zahlreiche Kandidaten immer mehr Wachstum versprechen, den Wohlstand verteidigen, jedoch ohne Wachstum?
Billigen wir als Ärztinnen und Ärzte die Schlussfolgerung einer Lancet Commission, wonach der Klimawandel einen gesundheitlichen Notfall darstellt? Stimmen wir den zahlreichen Leitartikeln von Lancet und BMJ zu, die einen signifikanten Anstieg der Krankheiten im Zusammenhang mit Luft-, ­Ernährungs-, Wasser-, Überträger- und Klimamigrationsproblemen ankündigen? Neben der Zunahme der chronischen Krankheiten eine weitere Herausforderung, die unsere Gesundheitssysteme ins Wanken bringen könnten.
Und sind wir als Hausärztinnen und -ärzte bereit, unsere Konsumgewohnheiten zu ändern? Wir, die Spezialisten der begrenzten Ressourcen und der Veränderung … für unsere Patienten.
Also, alles Umweltschützer? Man könnte daran zweifeln angesichts des Ergebnisses einer vor Kurzem durchgeführten Befragung unserer Delegierten über die Energiestrategie 2050, über die am 21. Mai 2017 ab­gestimmt wird: Die Frage, ob sich mfe in dieser Abstimmungskampagne engagieren soll, trennte unsere Delegierten in zwei beinahe gleich grosse Lager, und schliesslich gab eine einzige Stimme den Ausschlag dafür, dass die Mehrheit unsere Beteiligung ablehnt, vor allem aus dem Grund, weil diese Angelegenheit nicht in unsere Zuständigkeit falle.

Wirklich?

Gehören Überlegungen über die Zukunft der Energieversorgung unseres Landes und nachhaltige Entwicklung nicht zu unseren Anliegen als Hausärzte?
Unsere Aufgabe ist es, Leben zu erhalten, folglich haben wir – Experten schlechthin der Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit – einen Beitrag zu leisten, und sei er noch 
so gering. Grosse Werke gehen stets von anfangs kleinen Initiativen aus. Der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien kann einen Tornado in Texas auslösen.

Wie können wir also mit gutem Beispiel vorangehen?

Uns Ärztinnen und Ärzten obliegt eine Führungsrolle bei der Förderung der Gesundheit, seien wir darum Vorbilder und Gestalter der Veränderung, so wie es Gandhi empfahl: «Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.»
Veranlassen wir die Delegierten und Vorstände unserer Fachgesellschaften dazu, Überlegungen zu nachhaltigem Wohlstand, glücklicher Mässigkeit und zu «Slow Medicine» anzustellen und diese Konzepte zu fördern. Sollen wir dem Beispiel der British Medical ­Association und des American College of Physicians 
(https://www.acponline.org/advocacy/advocacy-in-action/climate-change-toolkit) folgen? Diese Gesellschaften schlagen ihren Mitgliedern und deren Patienten ganze Programme gegen den Klimawandel vor, die manchmal mit schwer verdaulichen Listen von auf allen Ebenen zu treffenden Massnahmen einhergehen. In Anbetracht des Einflusses, den diese Länder auf die Klimaveränderung haben, kann man darüber lächeln; doch unsere angelsächsischen Kollegen versuchen zumindest, ihren Beitrag zu leisten.
Achten wir als Weltbürger und Menschen, die für die Zukunft unserer Enkel verantwortlich sind, einfach auf unser tägliches Handeln und stellen wir unsere Konsumgewohnheiten dauerhaft infrage. Erfülle ich ein echtes Bedürfnis oder unterwerfe ich mich lediglich einem kurzfristigen Verlangen, das von der Werbung ausgelöst und manipuliert wird? Und werde ich dadurch glücklich? Aus Achtung vor der Erde und den Menschen, in Zukunft und jetzt.
Beginnend damit, am 21. Mai bei der Abstimmung über die Energiestrategie 2050 mit «Ja» zu stimmen.
Über die Parteigrenzen hinweg schützen wir damit gemeinsam die Umwelt.
Wirklich.
Dr François Héritier
Co-President SSMIG/SGAIM
Vice-President mfe Suisse
CH-2853 Courfaivre
heritier.vf[at]vtxnet.ch