Ärztliche Verantwortung (mit Replik)

Briefe / Mitteilungen
Édition
2021/42
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2021.20237
Bull Med Suisses. 2021;102(42):1365

Publié le 19.10.2021

Ärztliche Verantwortung (mit Replik)

Zur gleichen Zeit, als dieses differenzierte Editorial erschien, wurde Folgendes auch als solches in der Zürcher ÄrzteZeitung von unserem kantonalen Präsidenten geschrieben: «Ärztinnen und Ärzte, die sich in dieser Weise öffentlich als Impfskeptiker in Szene setzen, tragen somit eine grosse Mitverantwortung für die schweren, zum Teil letalen Verläufe der Ungeimpften. Von ärztlichen Impfskeptikern darf erwartet werden, dass sie ihre persönlichen Zweifel nicht zum Problem der Bevölkerung werden lassen» [1].
Leider definiert Sepp Widler nicht, was ein «Impfskeptiker» ist. Sollten damit Menschen gemeint sein, die sich kritisch mit den aktuell verwendeten Nukleinsäure-basierten Impfungen auseinandersetzen – ja, dann gehöre ich dazu.
Ich, der ich während Jahrzehnten als Hausarzt Hunderte von Impfungen durchgeführt habe, der sich selbst alle nötigen Impfungen verabreicht hat.
Es sei die Frage erlaubt, ob wir denn alle einer Meinung sein müssen: Auch Fakten sind zu interpretieren. Oder: Dürfen wir überhaupt als Ärztinnen und Ärzte nur eine Meinung haben? Vergessen wir, was unsere Lehrer und unsere Erfahrung uns gelehrt haben? Nämlich Neuerungen in der Medizin gegenüber offen, doch auch kritisch zu sein.
Aktuell haben wir ein wirkungsvolles geniales neuartiges Arzneimittel – eben die mRNA/Vektor-DNA-Impfung. Ein völlig neues Prinzip, bei dem gesunde Körperzellen zur Produktion eines in der Evolution bis anhin nicht frei existierenden Glykoproteins – Spikes – gebracht werden. Liponanopartikel bringen die speziell präparierten mRNA in Zellen. Um ­damit den Abwehrzellen diese nun als fremd gekennzeichneten Zellen zu präsentieren. Die Biodistribution von Vehikel und Produkt scheint noch nicht abschliessend geklärt zu sein.
Wir nehmen an – es ist uns ja nicht möglich, in die Zukunft zu blicken –, dass die Natur und das sensible psychoneuroimmunologische System problemlos damit umgehen können. Wenn ich nun als Psychosomatiker – der ich auch bin – eine minime Möglichkeit sehe, dass unerwünschte Langzeitnebenwirkungen auftreten können: bin ich dann ein Impfskeptiker, der seine Meinung nicht äussern soll? Oder werde ich meiner Verantwortung als Arzt gerecht? Meine Sorge betrifft diesbezüglich vor allem Kinder und Junge.
Kolleginnen und Kollegen: Als Ärztinnen und Ärzte stehen wir zwischen Politik und Wissenschaft, wir haben die Pflicht, zu hinter­fragen, welche Langzeit-Auswirkungen unser Handeln oder Nicht-Handeln haben könnte. Welche Handlung die richtige ist, kann immer erst die Zukunft zeigen.

Replik zu «Ärztliche Verantwortung»

Schade haben Sie, Herr Kollege Scheuring, nicht das Gespräch mit mir gesucht, sondern Ihren Leserbrief zu meinem Editorial in der Zürcher ÄrzteZeitung an die Redaktion der Schweizerischen Ärztezeitung gesandt. Wer den beanstandeten Absatz, aus welchem die von Ihnen aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate stammen, im Original liest, findet dort sehr wohl, welche «Impfskeptiker» gemeint sind, nämlich solche Kollegen, die in der Presse den Wert und die Wirkung der COVID-19-Impfung in Frage stellen und undifferenziert Ängste schüren.
Welche Be-Handlung die richtige ist, kann ­immer erst die Zukunft zeigen. Da bin ich ganz und gar einverstanden. Auch damit, dass im Beratungsgespräch mit dem Patienten / der Patientin das persönliche Risiko diskutiert und über viele Unbekannte gesprochen werden muss. Ich bin selbst ein kritischer Geist, dem es fern liegt, Kolleg*innen oder ­irgendeinem Mitmenschen zu verbieten, zu denken und frei zu entscheiden, im Gegenteil. Dazu braucht der Einzelne aber verlässliche und verständliche Informationen. «Wie sage ich es meinem Patienten?», lautet stets die Frage, nachdem ich mir als sein Arzt meine Meinung zur richtigen Behandlung gebildet habe – und mir überlegt habe, WAS ich meinem Patienten sagen muss und will. Und hier setzt meine Kritik an einigen wenigen leider «unkritischen» Kolleg*innen ein, die wider besseres Wissen gleich die gesamte Bevölkerung via Presse undifferenziert mit Fehlinformationen verunsichern und die freie persönliche Entscheidungsfindung des Einzelnen damit erheblich erschweren.

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