Möglichst rasche Auftitrierung 
der «vier Säulen» [1]

Möglichst rasche Auftitrierung der «vier Säulen» [1]

Kommerzieller Beitrag
Ausgabe
2024/08
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2024.1557059287
Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2024;24(08):230-231

Publiziert am 14.08.2024

Akute schwere Herzinsuffizienz
Bei einer dekompensierten Herzinsuffizienz muss schnell gehandelt werden [2]. So sollte, um die Mortalität der Patient*innen möglichst gering zu halten, bereits in der Klinik mit der Aufdosierung aller vier empfohlenen Therapiesäulen, bestehend aus ARNI bzw. ACEi, Betablockern, MRA und SGLT2i, begonnen werden. An einem Symposium am SGAIM-Kongress in Basel stellten namhafte Kardiologen ihr Vorgehen bei einer akuten Herzinsuffizienz vor.
Seit einigen Jahren ist in der Schweiz ein stetiger Anstieg von Patient*innen mit Herzinsuffizienz (HF) zu beobachten [3]. Während im Jahr 2013 noch 14‘739 stationäre HF-Patient*innen registriert wurden, wuchs diese Zahl im Jahr 2022 auf 20‘792 [3]. «Das ist dramatisch. Wir werden in Zukunft immer mehr Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz bekommen», so das Urteil von Prof. Dr. med. Matthias Hermann vom Universitären Herzzentrum Zürich am Treffen in Basel während seines Vortrags.

Längeres Leben durch Vier-Säulen-Therapie

Obwohl die medikamentöse Versorgung bei HF in der Schweiz nicht schlecht sei, gibt es noch Verbesserungspotenzial, so der Kardiologe. Wichtigstes Ziel einer therapeutischen Intervention bei dieser progressiven Erkrankung sei es, die Sterblichkeit zu senken, weitere Hospitalisationen zu vermeiden, den klinischen Zustand und den funktionellen Status der Betroffenen zu verbessern und die Lebensqualität zu erhalten [2]. Ursprünglich stand die HF-Therapie auf drei Säulen: Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitoren (ARNI) bzw. Angiotensin-Converting-Enzym-Inhibitoren (ACEi), Betablocker (BB) und Mineralkortikoid-Rezeptorantagonisten (MRA) [4]. Seit 2021 wird von der Europäischen kardiologischen Gesellschaft (ESC) empfohlen, diese Medikation für Patient*innen mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF, LVEF ≤ 40%) um die SGLT2-Inhibitoren (SGLT2i) als vierte Säule zu ergänzen [2]. Dass dieses Mehr an Medikamenten tatsächlich der bisherigen Therapie überlegen ist, konnte in einer studienübergreifenden Analyse gezeigt werden [5]. Dabei wurde geschätzt, dass bei Patient*innen mit HFrEF der Einsatz der Vier-Säulen-Therapie aus ARNI (Wechsel von ACEi), BB, MRA plus SGLT2i gegenüber der konventionellen Therapie mit ACEi plus BB das eventfreie Leben von 55-jährigen Patient*innen um 8,3 Jahre und das von 65-jährigen Patient*innen um 6,3 Jahre verlängert [5]. Zudem wurde bei einer neu diagnostizierten HF empfohlen, nach der Abschwellung mittels eines wirkungsvollen Schleifendiuretikums sehr rasch mit den vier Substanzklassen zu beginnen, was einem «Erdbeben» gleichkam, so Dr. med. Patrick Yerly vom CHUV Lausanne [2]. Bleiben HFrEF-Betroffene trotz der Behandlung mit einem ACEi symptomatisch, wird der Wechsel auf Sacubitril/Valsartan (Entresto®) empfohlen. Auch eine Erstlinienbehandlung mit einem ARNI kann bei frisch diagnostizierten HFrEF-Patient*innen anstelle eines ACEi erwogen werden* [2, 6]. Tatsächlich konnte in einer Studie nachgewiesen werden, dass früh mit Sacubitril/Valsartan behandelte HFrEF-­Patient*innen mit akuter Dekompensation, im Vergleich zur ACEi-Kontrollgruppe, eine um 29% grössere Reduktion des Surrogatmarkers NT-proBNP (p<0,0001) [7]. Allerdings sei bei einer Entscheidung zugunsten eines ARNI zu beachten, dass der systolische Blutdruck nicht unter 95 mmHg und die Nierenfunktion (eGFR) nicht unter 30 ml/min liegt, so Dr. Yerly.

Engmaschige Kontrolle nach der Hospitalisation

Nicht nur während der Hospitalisation von HF-Patient*innen ist die Mortalität mit bis zu 10% sehr hoch, auch im ersten Jahr danach sterben mit bis 35% immer noch sehr viele von ihnen [8]. Gemäss einer neuen Kohortenstudie beträgt in Deutschland die Einjahresmortalität bei HFrEF 23,0%, zudem kommt es innerhalb eines Jahres nach Spitalentlassung bei 47,7% zu einer Rehospitalisation [9]. «Diese Zahlen könnten bei optimaler Therapie um mindestens ein Drittel reduziert werden», erklärte Dr. med. Matthias Paul vom Herzzentrum am Luzerner Kantonsspital. Hospitalisationen seien aber auch eine Chance. So könne bei der ersten Abklärung das Risiko der Betroffenen abgeschätzt, die Ätiologie und mögliche Dekompensations-Trigger abgeklärt und eine Rekompensation rasch und aggressiv eingeleitet werden. Wenn nach der Einlieferung klar wird, dass es sich um eine Dekompensation handelt müsse sofort mit der Therapie begonnen werden, am besten schon innerhalb der ersten Stunde nach Einlieferung, so der Spezialist. Neben der kompletten Rekompensation, der Behandlung der Komorbiditäten und der Optimierung der Therapie, ist auch die Schulung der Patient*innen und Angehörigen noch während des Spitalaufenthaltes sehr wichtig [10]. Für die Entlassung aus dem Spital, laut Dr. Paul «kein einfacher Schritt», sei eine vollständige Rekompensation die Voraussetzung, da sonst das Rehospitalisationsrisiko deutlich ansteige. Auch die Nachkontrollen sollten zu diesem Zeitpunkt bereits organisiert sein, die erste findet eine Woche nach Austritt beim Hausarzt oder der Hausärztin statt. Engmaschige Kontrollen sollten im Wechsel mit den Allgemeinpraxen und bei den Spezialist*innen innerhalb der ersten Monate stattfinden, so der Kardiologe. In dieser Zeit stehen die Anpassung des Diuretikums und die Auftitrierung der vier Medikamente, sowie die Kontrolle des Gewichts und Kreatinin-/Kalium-Verlaufs im Vordergrund. Auch kardiale Rehabilitationsmassnahmen sowie eine erneute Patientenschulung sollten nicht vergessen werden, betonte der Kardiologe. «Wenn die Patientinnen und Patienten nämlich die ersten Warnzeichen einer Dekompensation erkennen, sind sie in der Lage korrekt zu reagieren. Damit kann schlimmeres verhindert werden.»

Beginn der Auftitrierung bereits in der Klinik

Auch Dr. Paul machte noch einmal deutlich, dass, um das Risiko neuerlicher Hospitalisationen zu senken, neuerdings eine intensive Strategie mit einer raschen Aufdosierung aller vier Medikamente (ARNI bzw. ACEi, BB, MRA und SGLT2i) vor und nach dem Austritt aus der Klinik empfohlen wird [8]. In der dafür massgeblichen, randomisierten Studie STRONG-HF wurden knapp 1‘100 noch nicht komplett auftitrierte HF-Patient*innen entweder in eine konventionell oder in eine intensiv betreute Gruppe (d.h. mit schneller Auftitrierung und häufigen Nachkontrollen durch die Hausärzt*innen und Kardiolog*innen) aufgeteilt [1]. Die Teilnehmenden des intensivierten Studienarms erreichten bereits vor der Entlassung die halbe Zieldosis, nach 90 Tagen hatten sie viel häufiger ihre komplette Dosierung erreicht als im konventionellen Arm [1]. Vor allem jedoch ging es den Patient*innen unter der intensiven Therapie und Betreuung deutlich besser. So war die Atemnot reduziert, es traten weniger HF-Rückfälle auf und das HF-bedingte Mortalitätsrisiko war signifikant geringer als unter konventionellen Bedingungen (15,2% vs. 23,5%, p = 0,0021) [1]. Aufgrund der überlegenen Wirksamkeit der intensivierten Therapie gegenüber der üblichen Standardbehandlung wurde die Studie vorzeitig beendet. Prinzipiell seien für die Verbesserung der Überlebenschance eine adäquate Rekompensation, die Optimierung der HF-Therapie und in einem multidisziplinären Setting abgestimmte regelmässige Nachkontrollen entscheidend [11], resümierte Dr. Paul.
* In geeigneter Kombination mit anderen Therapien für Herzinsuffizienz (z.B. Betablocker, Diuretika und Mineralkortikoidantagonisten) für die Behandlung erwachsener Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz der NYHA Klasse II, III oder IV, deren linksventrikuläre Auswurffraktion (LVEF) vor Behandlung mit Entresto
≤ 40% beträgt und welche mit einer stabilen Dosis eines Angiotensin Converting Enzym (ACE)-Hemmers oder Angiotensin Rezeptor-Blockers (ARBs) vorbehandelt worden sind.

Weiterführende Informationen

Quelle: Satellitensymposium Novartis: REIMAGINING THE CLINICAL PRACTICE IN CVD - THE FANTASTIC 4 IN SYSTOLIC HEART FAILURE - SGAIM Frühjahrskongress Basel. 30.05.2024
Verantwortlich für den Inhalt dieses Beitrags: Novartis Pharma Schweiz AG, Suurstoffi 14, 6343 Rotkreuz

Kurzfachinformation Entresto®

Z: Filmtabletten zu 50mg, 100mg und 200mg Sacubitril/Valsartan Salzkomplex. I: Entresto ist indiziert zur ­Reduktion des Risikos der kardiovas-kulären Mortalität und Morbidität bei erwachsenen Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse II-IV, LVEF ≤ 40%). Entresto wird in geeigneter Kombination mit anderen Therapien für Herzinsuffizienz (z.B. Betablocker, Diuretika und Mineralkortikoidantagonisten) anstelle eines ACE-Hemmers oder eines ARBs verabreicht. D: Initialdosis - 100 mg 2 x täglich oder 50 mg 2 x täglich: bei Patienten die derzeit nicht oder mit einer niedrigen Dosis von einem ACE-Hemmer oder ARB behandelt werden, Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung (eGFR < 30 ml/min/1,73 m2) oder mittelschwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Klassifikation B). Dosis alle 2 - 4 Wochen auf eine Zieldosis von täglich 2 x 200 mg verdoppeln. • Behandlung frühestens 36 Stunden nach Absetzen eines ACE-Hemmers. Nicht zusammen mit einem ARB anwenden. Bei Verträglichkeitsproblemen wird Anpassung von gleichzeitig angewendeter Medikation, vorübergehende Dosissenkung oder Absetzen von Entresto empfohlen. Anwendung nicht untersucht bei systolischem Blutdruck <100 mmHg; schwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Klassifikation C); Kindern und Jugendlichen. KI: Überempfindlichkeit gegenüber einem der Wirkstoffe oder einem der Hilfsstoffe. Gleichzeitige Anwendung eines ACE-Hemmers.
Bekanntes Angioödem in der Vorgeschichte im Zusammenhang mit einer ACE-Hemmer oder ARB Behandlung. Hereditäres Angioödem. Gleichzeitige Anwendung mit Aliskiren-haltigen Arzneimitteln bei Patienten mit Diabetes mellitus oder Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (GFR<60 ml/min/1,73m2). Schwere Nierenfunktionsstörung mit eGFR <10 ml/min/1,73m2. Schwangerschaft. VM: Duale Blockade des RAAS. Arterielle Hypotonie - bei Therapiebeginn oder während Dosisanpassung Blutdruck überwachen. Bei Auftreten von Hypotonie vorübergehende Dosissenkung oder vorübergehendes Absetzen von Entresto sowie eine Dosisanpassung von Diuretika, Blutdrucksenkern und eine Behandlung
anderer Ursachen für die Hypotonie empfohlen. Eine Natrium- und/oder Volumendepletion vor Behandlung korrigieren. Eingeschränkte Nierenfunktion. Hyperkaliämie - die Kaliumspiegel-erhöhenden Arzneimittel mit Vorsicht anwenden. Eine Überwachung des Serumkaliumspiegels empfohlen. Angioödeme - bei Auftreten eines Angioödems Entresto unverzüglich absetzen, eine angemessene Therapie und Überwachung einleiten. Ein mit einem Rachenödem einhergehendes Angioödem kann zum Tode führen. Bei einer Beteiligung von Zunge, Glottis oder Rachen, unverzüglich geeignete Behandlung, z. B. mit Epinephrin-/Adrenalinlösung subkutan und/oder Massnah-men zur Gewährleistung offener Atemwege einleiten. Patienten mit Nierenarterienstenose - Überwachung Nierenfunktion empfohlen. Biomarker - Bei mit Entresto behandelten Patienten ist BNP kein geeigneter Biomarker. Psychiatrische Störungen - Psychiatrische Ereignisse wie Halluzinationen, Paranoia und Schlafstörungen, im Zusammenhang mit psychotischen Ereignissen, wurden mit der Anwendung von Sacubitril/Valsartan in Verbindung gebracht. Wenn ein Patient solche Ereignisse wahrnimmt, sollte ein Abbruch der Behandlung mit Sacubitril/Valsartan erwogen werden. IA: ACE-Hemmer; Aliskiren; ARBs; OATP1B1 und OATP1B3 Transporter; Sildenafil; kaliumsparenden Diuretika, Mineralokortikoid-Antagonisten, Kaliumergänzungen oder einer kaliumhaltigen Salzsubstitution; nicht-steroidale anti-inflammatorische Arzneimittel (NSAIDs) einschliesslich selektiver Cyclooxygenase-2-Hemmer (COX-2-Hemmer); Lithium; Inhibitoren von OATP1B1, OATP1B3, und OAT3, OAT1 oder MRP2. UW: Sehr häufig: Hyperkaliämie, Hypotonie, eingeschränkte Nierenfunktion • Häufig: Anämie, Hypokaliämie, Hypoglykämie, Schwindel, Kopfschmerz, Vertigo, Synkope, Hypotonie orthostatisch, Husten, Durchfall, Übelkeit, Nierenversagen (Niereninsuffizienz, akutes Nierenversagen), Ermüdung, Asthenie • Gelegentlich: Schwindel orthostatisch, Angioödeme, Pruritus, Hautauschlag, Überempfindlichkeit (inkl. Anaphylaxie); Selten: Halluzinationen und Schlafstörung; Sehr selten: Paranoia. P: Entresto 50 mg: Packungen à 28 und 56 Filmtabletten • Entresto 100 mg und 200 mg: Packungen à 56 und 168 Filmtabletten. Verkaufskategorie: B. Weitere Informationen finden Sie unter www.swissmedicinfo.ch. Stand der Information: März 2023 V05. Novartis Pharma Schweiz AG, Risch; Adresse: Suurstoffi 14, 6343 Rotkreuz, Tel. 041 763 71 11
1 Mebazaa A et al; Safety, tolerability and efficacy of up-titration of guideline-directed medical therapies for acute heart failure (STRONG-HF): a multinational, open-label, randomised, trial. Lancet (2022) doi:10.1016/s0140-6736(22)02076-1.
2 McDonagh TA et al; 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. Developed by the Task Force for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure of the European Society of Cardiology (ESC) With the special contribution of the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. EurHeart J 42, ehab368 (2021).
3 https://www.versorgungsatlas.ch/indicator/_095
4 Ponikowski P et al: 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. Eur Heart J 2016; 37(27): 2129-2200.
5 Vaduganathan M et al; Estimating lifetime benefits of comprehensive disease-modifying pharmacological therapies in patients with heart failure with reduced ejection fraction: a comparative analysis of three randomised controlled trials. Lancet. 2020; 396(10244):121-128.
6 Entresto® Fachinformation, www.swissmedicinfo.ch
7 Velazquez EJ et al; Angiotensin–Neprilysin Inhibition in Acute Decompensated Heart Failure. N Engl J Med 2019; 380: 539-548.
8 Greene SJ et al; The vulnerable phase after hospitalization for heart failure. Nat Rev Cardiol 2015; 12: 220–229.
9 Michel A et al; Treatment Patterns, Outcomes, and Persistence to Newly Started Heart Failure Medications in Patients with Worsening Heart Failure: A Cohort Study from the United States and Germany. Am J Cardiovasc Drugs. 2024; 24(3): 409-418.
10 ESC Pocket Guidelines. Akute und chronische Herzinsuffizienz, Version 2021. https://leitlinien.dgk.org/2022/pocket-leitlinie-akute-und-chronische-herzinsuffizienz-version-2021/
11 Metra M et al; Pre-discharge and early post-discharge management of patients hospitalized for acute heart failure: A scientific statement by the Heart Failure Association of the ESC. Eur J Heart Fail. 2023; 25(7): 1115-1131.
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