Fachkräftemangel in der Allgemeinen Inneren Medizin

Fachkräftemangel in der Allgemeinen Inneren Medizin

Editorial
Ausgabe
2024/06
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2024.1326057786
Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2024;24(06):153

Publiziert am 05.06.2024

Die Medizin hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Dank innovativer Technologien und therapeutischer Ansätze führen wir heute ein längeres und besseres Leben, selbst mit chronischen Krankheiten. Doch dieser medizinische Fortschritt bringt auch Herausforderungen mit sich, insbesondere die Fragmentierung der Gesundheitsversorgung. In dieser Hinsicht spielen die Fachärztinnen und Fachärzte für Allgemeine Innere Medizin eine entscheidende Rolle. Sie fungieren als Generalistinnen und Generalisten und koordinieren die verschiedenen Fachgebiete, um ihren Patientinnen und Patienten eine optimale Behandlung zu ermöglichen.
Eine kürzlich durchgeführte Studie der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM) bringt jedoch eine besorgniserregende Entwicklung zum Vorschein. Der Fachkräftemangel ist nicht nur ein viel diskutiertes Thema, sondern betrifft auch zunehmend die Allgemeine Innere Medizin. 43 Prozent der Fachärztinnen und Fachärzte in der AIM sind aktuell über 56 Jahre alt und somit kurz vor dem Rentenalter. Die Schweiz steht damit vor grossen Herausforderungen. Wenn wir jetzt nicht handeln, droht in zehn Jahren ein dramatischer Mangel an Allgemein Internistinnen und Internisten, was eine erhebliche Verschlechterung der Grundversorgung in der Schweiz zur Folge hätte.
Die Studie zeigt, dass wir jährlich rund 230 zusätzliche Vollzeitstellen benötigen, um alleine den aktuellen Bedarf zu decken – wie wir wissen, besteht heute bereits ein Mangel. Doch die Lösung dieses Problems erfordert weit mehr als nur eine quantitative Steigerung der Arbeitskräfte. Es bedarf eines koordinierten Ansatzes auf politischer, akademischer und praktischer Ebene.
Eine zentrale Empfehlung der Studie ist die Erhöhung der Studienplätze in der Humanmedizin, um den Bedarf an Allgemeininternistinnen und Allgemeininternisten langfristig zu decken. Darüber hinaus muss ein neuer Plan von Bund und Kantonen entwickelt werden, der die Grundversorgung in der Medizin sicherstellt und die Attraktivität des Berufs des Allgemeininternisten steigert. Dies erfordert auch klare politische Rahmenbedingungen, einschliesslich fairer Vergütungen und der Förderung von Weiterbildungsstätten wie beispielsweise der Praxisassistenz.
Die wachsende Bevölkerung stellt eine weitere Herausforderung dar, die bei der Planung berücksichtigt werden muss. Bis 2033 wird die Schweiz voraussichtlich eine Million mehr Einwohnerinnen und Einwohner haben, was zusätzliche Belastungen für das Gesundheitssystem mit sich bringen wird.
Es ist an der Zeit, dass wir Massnahmen ergreifen, um die Zukunft der Allgemeinen Inneren Medizin in der Schweiz zu sichern. Die SGAIM und ihre Partnerinnen und Partner engagieren sich dafür. Jedoch bedarf es ebenso der Unterstützung auf allen Ebenen in der Gesellschaft. Denn eine ganzheitliche Medizin, die auf Koordination und Zusammenarbeit basiert, ist entscheidend für das Wohlergehen unserer Bevölkerung.
Prof. Dr. med. Sven Streit Präsident Nachwuchsförderungskommission der SGAIM
Sascha Hardegger
Verantwortlicher Kommunikation/Marketing
Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM)
Monbijoustrasse 43
Postfach
CH-3001 Bern
sascha.hardegger[at]sgaim.ch

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