Primary and
hospital care
«Eine der zentralen Eigenschaften des Fachs ist die Kunst des klinischen Denkens»
People Allgemeine Innere Medizin
Interview mit Dr. med. Olivier Pasche, Gewinner des SGAIM Teaching Awards 2023

«Eine der zentralen Eigenschaften des Fachs ist die Kunst des klinischen Denkens»

News
People Allgemeine Innere Medizin
Interview: Sascha Hardegger
Ausgabe
2023/11
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2023.1281999223
Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2023;23(11):323-324

Publiziert am 01.11.2023

Die SGAIM hat am 21. September 2023 den Gewinner des diesjährigen SGAIM Teaching Awards bekannt gegeben. Die Wahl des SGAIM-Vorstandes und der Jury fiel dabei auf Dr. med. Olivier Pasche. Der Award ist von der SGAIM mit einem Preisgeld von 5000 Franken dotiert und wurde am Gesellschaftsabend des SGAIM Herbstkongresses überreicht.
Dr. med. Olivier Pasche: So heisst der glückliche Gewinner des diesjährigen SGAIM Teaching Awards. Der von der SGAIM mit 5000 Franken dotierte Preis wurde am Gesellschaftsabend des SGAIM Herbstkongresses von Co-Vorstandsmitglied Dr. med. Regula Capaul überreicht.
Doch was unternimmt Olivier Pasche konkret, um junge Menschen für den Beruf als Hausärztin bzw. Hausarzt zu begeistern? Und wie geben aus seiner Sicht erfahrene Ärztinnen und Ärzte ihr grosses Wissen an den Nachwuchs weiter? Wir haben bei ihm nachgefragt.
Herr Pasche, was zeichnet Ihrer Meinung nach eine kompetente Lehrperson aus?
Die Arbeit einer Lehrperson ist sehr herausfordernd. Denn sie muss, wie jede praktizierende Ärztin und jeder praktizierende Arzt, ihr Fachgebiet beherrschen und ausüben. Sich über die neusten Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten sowie kommunikative Fähigkeiten sind zudem zwingend notwendig. Denn sie müssen auch in der Lage sein, Wissen zu vermitteln. Am Institut für Hausarztmedizin an der Universität in Freiburg betreue ich die Masterarbeiten der Studierenden. Meine letzte Studentin und ich haben die Merkmale des Unterrichts in der Hausarztmedizin analysiert. Dabei sind wir zur Erkenntnis gelangt, dass eine der zentralen Eigenschaften des Fachs die Kunst des klinischen Denkens ist. Ich bin davon überzeugt, dass eine gute Lehrperson in der Lage sein muss, das geheime Räderwerk der medizinischen Argumentation zu analysieren und zu vermitteln.
Der Fachkräftemangel verschlimmert sich auch in den Hausarztpraxen. Welche Massnahmen wären aus Ihrer Sicht erforderlich, um die Situation langfristig zu entschärfen?
Ich denke, wir müssen in das «Humankapital» investieren. Hausarztpraxen müssten unkomplizierter zu «Ausbildungsorten» werden können, sowohl für medizinische Praxisassistentinnen und -assistenten als auch für Ärztinnen und Ärzte. Meiner Ansicht nach gilt das auch für andere Berufe wie die Pflege. Ganz besonders in unserem Beruf spielen ein grosser Handlungsspielraum, eine «stemmbare» Arbeitsbelastung, die Möglichkeiten der Karriereentwicklung und eine angemessene finanzielle Vergütung eine wichtige Rolle. Wenn wir dem nicht Sorge tragen, sehe ich all diese Punkte gefährdet.
Verdienter Gewinner des SGAIM Teaching Awards 2023: Dr. med. Regula Capaul (links) überreicht Dr. med. Olivier Pasche (rechts) die begehrte Auszeichnung.
Was tun Sie persönlich, um junge Nachwuchskräfte dafür zu begeistern, Hausärztinnen und Hausärzte zu werden?
Der Hausarztberuf ist ein grossartiger, wenn auch zugegebenermassen anspruchsvoller und manchmal schwieriger Beruf. Ich bin jedoch überzeugt, dass wir nur dann Begeisterung für diesen Beruf vermitteln, wenn wir zeigen, mit welcher Leidenschaft wir ihn selbst ausüben. Eine Leidenschaft, die wir uns unbedingt bewahren müssen. Ich bin überzeugt, dass unser Beispiel dann Schule machen wird. Meine eigene Identität als Hausarzt ist durch älteren Kolleginnen und Kollegen geprägt worden, die sich über ihr moralisches Gewissen, ihre Einsatzbereitschaft und ihre Liebe zum Beruf definiert haben.
Wie können erfahrene Ärztinnen und Ärzte Ihrer Ansicht nach ihr Wissen weitergeben?
Ich glaube sehr stark an eine Ausbildung im direkten Kontakt mit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen. Solche Partnerschaften zwischen Lehrpersonen und Studierenden sind meiner Meinung nach aber nur möglich, wenn sich wiederholt Gelegenheiten bieten, sich gegenseitig kennenzulernen. Der bevorzugte Ort für dieses Lernen ist der Ort, an dem die Hausarzttätigkeit ausgeübt wird. Kurz gesagt: Der Unterricht sollte hauptsächlich in den Arztpraxen stattfinden.
Sascha Hardegger, SGAIM
Verantwortlicher Kommunikation/Marketing
Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM)
Monbijoustrasse 43
Postfach
CH-3001 Bern
sascha.hardegger[at]sgaim.ch

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