Branchenlösung zum Schutz von Mitarbeitenden in Arztpraxen

Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz geniessen einen hohen Stellenwert in der ärztlichen Praxis

News
Ausgabe
2023/08
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2023.10735
Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2023;23(08):237

Publiziert am 02.08.2023

Unsere Mitarbeitenden vor Unfällen und anderen Gefahren zu schützen, hat in unseren Praxen traditionell eine hohe Wichtigkeit und ist gesetzlich seit anfangs Januar 2000 geschuldet. Als Praxisinhaberin bzw. -inhaber bin ich seither verantwortlich, dass die gesetzlichen Vorgaben zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz implementiert sind und eingehalten werden. Gemäss dem Unfallversicherungsgesetz (UVG) müssen versicherte Unternehmen die Vorschriften der Richtlinie 6508 (https://www.ekas.ch/download.php?id=6943) der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS) einhalten. Diese Vorgabe ist nicht neu – ihre Umsetzung wurde in den letzten Monaten jedoch vermehrt von den Kantonen bzw. der SUVA kontrolliert.
Aber, habe ich wirklich an alle Gefahren gedacht? Habe ich die notwendigen Vorkehrungen und Massnahmen getroffen? Da mfe Schweiz leider nicht über die personellen und finanziellen Ressourcen verfügt, um in diesem komplexen Thema mit regelmässig ändernden gesetzlichen Vorgaben systematisch unterstützen zu können, verweisen wir jeweils gerne an die FMH. FMH hat zusammen mit Arbeitssicherheit Schweiz eine auf ambulante Arztpraxen ausgerichtete Branchenlösung entwickelt, die über www.arbeitssicherheitschweiz.ch/Arzt bestellt werden kann. Die Kosten betragen für FMH-Mitglieder bis am 22. August 2023 150 CHF, anschliessend 750 CHF, bei jährlich wiederkehrenden Kosten von 310 CHF. Diese Branchenlösung eignet sich somit für Praxen mit mehr als zehn Mitarbeitenden.
Kleinere Praxen mit weniger als zehn Mitarbeitenden, jedoch mit besonderem Gefährdungsspotenzial (z.B. Röntgen, Labor, Umgang mit Medikamenten, Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten etc.), werden in der genannten EKAS-Richtlinie für die Umsetzung als Betrieb in der Kategorie 3.2 eingestuft und dürfen die Richtlinie deshalb mit einfachen Mitteln umsetzen. Auch hier bietet die FMH in Zusammenarbeit mit Arbeitssicherheit Schweiz Unterstützung und hat auf Basis des Modulbuches von Arbeitssicherheit Schweiz einige Erklärvideos1 erstellt. Diese helfen den Arbeitgebenden bzw. den Sicherheitsbeauftragten der Praxen, die gesetzlich geforderte Umsetzung sicherzustellen.
Dr. med. Marc Jungi

Interview mit Dr. med. Marc Jungi, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin FMH und Vorstandsmitglied mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz

Arbeits- und Gesundheitsschutz in den Arztpraxen – warum ist dieses Thema so aktuell?
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz waren in unseren Haus- und Kinderarztpraxen immer extrem wichtige Themen. Die hohe Aktualität rührt daher, dass von den Behörden seit einigen Monaten auch in den ambulanten Haus- und Kinderarztpraxen vermehrt Kontrollen durchgeführt werden. Hier muss von den Praxisinhaberinnen und Praxisinhabern dann nachgewiesen werden können, dass in diesen Bereichen entsprechende Konzepte bestehen und die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Aktuell ist das Thema auch, weil ein nun knapp zwei Jahre gültiges vergünstigtes Einführungsangebot einer Branchenlösung, welche von der FMH zusammen mit Arbeitssicherheit Schweiz aufgebaut wurde, per 22. August 2023 abläuft. Anschliessend kann die Branchenlösung weiterhin erworben werden, kostet aber deutlich mehr.
Sie engagieren sich als Vorstandsmitglied von mfe in diesem Thema. Warum, und warum mfe?
Unsere Mitarbeitenden in unseren Praxen sind unser höchstes Gut und verdienen auch den besten Schutz vor Unfällen oder anderweitigen gesundheitlichen Schäden. Da ist es nur selbstverständlich, dass wir diese und uns selbst zum Beispiel vor Stichverletzungen oder dem unsachgemässen Umgang von Medikamenten oder Röntgenstrahlen schützen wollen. Auch mfe ist es wichtig, dass in den Haus- und Kinderarztpraxen die Vorgaben zum Schutz unserer Mitarbeitenden und Patientinnen und Patienten eingehalten werden und in diesem Bereich keine Kompromisse eingegangen werden.
Grundsätzlich bedeutet dies doch nochmals einen Mehraufwand in unseren Praxen. Lohnt sich das? Was empfiehlt mfe?
Es lässt sich nicht verhindern, dass die Konzepte und Aktivitäten zu diesen Themen dokumentiert werden müssen. Das bedeutet leider einen gewissen Mehraufwand. Dennoch sind wir von mfe überzeugt, dass sich ein solcher für die Gesundheit unserer Mitarbeitenden, die Patientinnen und Patienten und uns selbst lohnt. Wir begrüssen daher die Initiative der FMH und Arbeitssicherheit Schweiz mit der Branchenlösung sehr – diese unterstützt vor allem die grösseren ambulanten Praxen bestens. Praxen mit weniger als zehn Mitarbeitenden dürfen die Richtlinie mit einfachen Mitteln umsetzen; sie müssen aber, z.B. mit nachweislich getroffenen Massnahmen oder ausgefüllten Checklisten, glaubhaft aufzeigen können, wie die Thematik bearbeitet und welche Vorkehrungen getroffen wurden.
Sandra Hügli-Jost, mfe
Kommunikationsbeauftragte
mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz
Geschäftsstelle
Effingerstrasse 2
CH-3011 Bern
Sandra.Huegli[at]hausaerzteschweiz.ch

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