Referat am 5. SGAIM-Frühjahrskongress

COVID-19: medizinische, ­wirtschaftliche und soziale I­mplikationen

Aktuelles
Ausgabe
2021/05
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2021.10393
Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2021;21(05):146-147

Affiliations
Ehemaliger Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit BAG und Delegierter für COVID-19

Publiziert am 04.05.2021

Vor über einem Jahr tauchte in China ein bisher unbekanntes Corona-Virus auf. Während Wochen konnte die Welt beobachten, wie COVID-19 sich in der Millionenmetropole Wuhan rasant schnell ausbreitete. Niemand dachte damals, dass das ­Virus in genau derselben Geschwindigkeit im Rest der Welt ankommen würde. China dämmte die Epidemie im eigenen Land mit äusserst drastischen Massnahmen ein. Der Export in den Rest der Welt hatte aber schon längst stattgefunden. Die Pandemie war gestartet.

Als Italien den COVID-19 Ausbruch entdeckte, war es bereits für eine erfolgreiche Unterdrückungsstrategie zu spät. Zu viele Leute hatten sich in Norditalien angesteckt und auch im Tessin und in der Westschweiz konnte eine schnell ansteigende epidemische Welle nicht mehr verhindert werden. Es gab während dieser Zeit unzählige Herausforderungen. Es fehlte nicht nur an genügend Tests, Schutzkleidungen, Masken usw., sondern auch an Beatmungsgeräten für die Intensivpflegebetten, etwas, das in keinem Pandemieplan je vorgesehen gewesen war. Und trotzdem war ich beeindruckt vom Tempo und von der Flexibilität, mit der die Spitäler auf die Herausforderung der Corona-Pandemie reagiert haben. Die Kapazitätsgrenze ist in der Schweiz während der ersten Welle ­nirgends überschritten worden. Die Spitäler haben sich, dank dem enormen Einsatz des Personals und der Verantwortlichen, als zuverlässige Pfeiler der Gesundheitsversorgung in Pandemiezeiten erwiesen.
Natürlich hätte man auch gewisse Dinge besser machen können: Die Versorgung für Patientinnen und Patienten neben COVID-19 war in der ersten Welle nicht optimal. Wir müssen davon ausgehen, dass wichtige Notfälle wie z.B. bei Krebspatientinnen verpasst wurden.
Einige haben sich nicht mal mehr zum Arzt getraut. Und auch im Sommer 2020 verpassten wir Chancen: Offensichtlich gingen in Europa die meisten Menschen und Regierungen davon aus, dass das Schlimmste überstanden sei und man die Pandemie mit Hilfe der getroffenen Schutzmassnahmen recht gut «im Griff» haben würde. Obwohl in der Schweiz die Fallzahlen bereits ab Juni wieder stetig stiegen, verpasste man die Gelegenheit, sich ernsthaft auf eine zweite Welle vorzubereiten. Mit den bekannten Folgen.
Die Corona-Pandemie hat – wie keine Krise zuvor – ­gezeigt, dass nicht die Bekämpfungsmassnahmen den Schlüssel zum Erfolg darstellen, sondern dass die ­Haltung und das Verhalten der Bevölkerung matchentscheidend sind. Das zeigt, wie wichtig die Kommunikation ist.
Mehr zum obigen Thema erfahren Sie am Referat von Herrn Dr. med. Daniel Koch im Rahmen des 5. SGAIM-Frühjahrskongresses vom 19.–21. Mai 2021.

Über die Person

Daniel Koch, geb. 1955, studierte an der Universität Bern Medizin. Er war über 14 Jahre für das Internationale Komitee des Roten Kreuzes medizinischer Koordinator in Krisengebieten, so z.B. in Sierra Leone, Uganda, Südafrika und Peru. Ab 1997 arbeitete er als medizinischer Mitarbeiter am Hauptsitz des IKRK in Genf, wo er für die medizinischen Programme in Afrika zuständig war. 1996/97 ergänzte Koch seine Ausbildung mit einem Nachdiplomstudium an der renommierten Johns-Hopkins-Universität in Baltimore USA, das er mit ­einem Master in Öffentlicher Gesundheit (MPH) abschloss. Von 2002 bis 2020 war er für das Bundesamt für Gesundheit BAG in unterschiedlichen Ressorts tätig, unter anderem als ­Mitglied der Taskforce gegen die SARS-Pandemie 2002/2003 und die Vogelgrippe H5N1. Schweizweit bekannt wurde er durch seinen Einsatz zur Bewältigung der Corona-Pandemie und durch seine mediale Präsenz als COVID-19-Delegierter des BAG, resp. als Leiter der ­Abteilung Übertragbare Krankheiten im BAG. Im Juni 2020 ist Daniel Koch in Pension ­gegangen. Er ist geschieden und Vater zweier erwachsener Töchter. Seine Freizeit verbringt er beim Hundesport und betreibt mit seinen beiden Hunden (Boxer und europäischer Schlittenhund) Canicross.

SGAIM-Frühjahrskongress 2021 – ONLINE

Der 5. Frühjahrskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM) vom ­19.–21. Mai 2021 zum Thema «precision & uncertainty» wartet mit hochkarätigen, internationalen und nationalen Referentinnen und Referenten in vielseitigen Formaten auf. Ob Long COVID, genomic medicine oder Dyslipidämie beim alten Menschen: Spezifische Veranstaltungen für die Hausarztmedizin, die Spitalmedizin sowie für junge Ärztinnen und Ärzte in Aus- und ­Weiterbildung erlauben ein individualisiertes Fortbildungsprogramm – und das flexibel vom Büro- oder Wohnzimmertisch aus.
Mehr Informationen zum SGAIM-Frühjahrskongress finden Sie unter: www.sgaim.ch/fk21
Claudia Schade
Kommunikations­verantwortliche und ­stellvertretende General­sekretärin Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM)
Monbijoustrasse 43
Postfach
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claudia.schade[at]sgaim.ch

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